WR update 20231206

Bei der Einführung neuer Buchhaltungs- oder ERP-Systeme sowie bei Geschäftsaufgabe stellt sich immer wieder die Frage, wie die geforderten Datenzugriffe durch die Finanzverwaltung bei späteren Betriebsprüfungen sichergestellt werden können. Dies gilt auch für Prüfungen der Sozialversicherungsträger und eingeschränkt mittlerweile auch für Datenschutzbelange.

Davon sind nach GoBD [1] nicht nur die eigentlichen Buchführungssysteme betroffen, sondern insbesondere auch die Vor- und Nebensysteme, in denen die Grundlagen der Geschäftsvorfälle erfasst und verarbeitet werden. Hierzu zählen regelmäßig ERP-Systeme [2] und Warenwirtschaftssysteme, Materialwirtschaft und Fakturierung, Kassensysteme und nicht zuletzt Nebensysteme wie E-Mail-Server oder DMS- und ECMS [3]- Archivsysteme.

Es genügt aber nicht, die Systeme quasi im Leerlauf weiter zu betreiben und so den Zugriff auf die Systeme zu gewähren, sondern es ist auch die Ordnungsmäßigkeit der elektronischen Bücher und sonst erforderlicher elektronischer Aufzeichnungen nachweislich aufrechtzuerhalten.

TZ. 34 der GoBD bestimmt hierzu ausdrücklich:
Die Nachprüfbarkeit der Bücher und sonst erforderlichen Aufzeichnungen erfordert eine aussagekräftige und vollständige Verfahrensdokumentation, die sowohl die aktuellen als auch die historischen Verfahrensinhalte für die Dauer der Aufbewahrungsfrist nachweist und den in der Praxis eingesetzten Versionen des DV-Systems entspricht. 

Obwohl gerade „gewachsene Altsysteme“ meist relativ komplex konfiguriert und „customized“ sind, steht es um die Verfahrensdokumentation dazu regelmäßig eher schlecht. Der Fokus im laufenden Betrieb wurde auf operative Funktionsfähigkeit gelegt und die spätere Prüfbarkeit eher vernachlässigt.

Aber der Weiterbetrieb ausgemusterter Anwendungen verursacht auch die Kosten in oft nicht vertretbarer Höhe. Eine Unix-Maschine oder eine AS/400 (iSeries) nur für Prüfzwecke in Betrieb halten zu wollen wird bei der Unternehmensführung keine Begeisterung wecken. Und die Bedienbarkeit verabschiedet sich oft auch schon mit den älteren Mitarbeitern in die Rente…

Es gilt daher auch die Abschaltung solcher Systeme in Betracht zu ziehen und die Kosten einer entsprechenden Aufbereitung den Kosten des Weiterbetriebs gegenüber zu stellen.

Wir können Ihnen in solchen Fällen helfen, die Grenzen der tatsächlichen Vorhaltung nicht mehr produktiv benötigter Systeme (nur) für steuerliche Prüfungszwecke auszuloten und begleiten Sie gerne bei Systemwechsel, Systemänderungen und Systemabschaltungen.

 

 

Unsere Vorgehensweise:

Phase 1

  • Aufnahme der steuerrelevanten Prozesse ausgehend von den verschiedenen Steuerarten
  • Aufnahme und Kategorisierung der beteiligten Systeme
  • Aufnahme und Strukturierung der steuerrelevanten Daten zu den verschiedenen Steueranmeldungen und -erklärungen, insbesondere auch der in den Systemen erzeugten Auswertungen
  • Ermittlung redundanter Informationen in den betroffenen Systemen und Festlegung der endgültig aufzubewahrenden Systemdaten sowie die Auswahl der Systeme die im Weiteren vernachlässigt werden können
  • Ermittlung der aktuellen GoBD-Abdeckung (insbesondere Z1- bis Z3-Fähigkeit und Stand der Verfahrensdokumentation) der jeweiligen Systeme und Prozesse

Phase 2

  • Ermittlung und ggf. Ergänzung der Verfahrensdokumentation und der zugehörigen Prozess- und Systemdokumentation zu abschaltbaren / aufzubewahrenden Systemen

  • Prüfung und Dokumentation wesentlicher Änderungen der Systeme während der produktiven Betriebszeit

  • Ermittlung potentiell abschaltbarer Anwendungen und Erstellung eines Anforderungskataloges zur Systemdokumentation des früheren Produktivbetriebs.

  • Ermittlung der ggf. ersatzweise aufzubewahrenden Daten (Systemparameter; Stamm- und Bewegungsdaten)

  • Systematische Aufbereitung von aufzubewahrenden Datenextraktmustern in einem (ausgewählten) GoBD-Format für abzuschaltende Systeme

  • Überprüfung der ermittelten Datenextraktmuster hinsichtlich Verwendbarkeit für die verschiedenen (festgelegten) Prüfungszwecke (Besteuerung / Sozialversicherung / Datenschutz)

  • Vorbereitung einer Entscheidungsvorlage zur Abschaltung von Altsystemen einschließlich der ggf. notwendigen Einholung der Zustimmung der Finanzverwaltung nach § 148 AO

Phase 3

  • Erstellung der Verfahrensdokumentation für die Produktivzeiträume abzuschaltender Anwendungen und Darlegung der Ersatzqualität der ermittelten Datenextrakte

  • Strukturierte Extraktion der festgelegten Daten nach den Vorgaben der ermittelten Musterextrakte

  • Detaillierte Überprüfung der Datenextrakte hinsichtlich Vollständigkeit und Verwendbarkeit

  • Übernahme der geprüften aufzubewahrenden Daten in ein zuverlässiges Steuerarchiv

Phase 4

  • Aufbewahrung über den abgestimmten Aufbewahrungszeitraum in einem ausgewählten Rechenzentrum unter Vorgabe der Abwicklungsprozesse

  • Bereitstellung der Daten im Bedarfsfall innerhalb vereinbarter Fristen

  • Löschung nach vorab festgelegten Vorgabekriterien

Unsere Leistungen versichern Sie also insbesondere auch bei der geplanten Abschaltung von Altsystemen gegen unliebsame Überraschungen und Sie bleiben zu jedem Zeitpunkt allein verfügungsberechtigt. Datenschutzbelange werden nach dem jeweils aktuellen Stand der relevanten Vorschriften berücksichtigt.

Weitere Informationen erhalten Sie gerne auf Anforderung oder im persönlichen Gespräch.

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[1] BMF Schreiben vom 28.11.2019

[2] ERP = Enterprise-Resource Planning = Integrierte IT-Anwendungen zur Abbildung aller Geschäftsprozesse

[3] DMS = Dokumenten-Management-System; ECMS = Enterprise Content Management System